Unechte Noven im Arresteinspracheverfahren (leading case)

26. April 2019

alea iacta est – die Würfel sind gefallen: leading Case des Bundesgerichtes in Bezug auf Noven im Arresteinspracheverfahren.

Gemäss Art. 278 Abs. 3 SchKG können im Arresteinspracheverfahren vor der Beschwerdeinstanz neue Tatsachen geltend gemacht werden. Seit der Einführung dieser Bestimmung am 1. Januar 1997 ist umstritten, ob neben zulässigen echten Noven auch unechte Noven gemeint sind. Diese Frage hat das Bundesgericht im zur Publikation bestimmten Urteil vom 3. April 2019 (145 III 324) entschieden.

Echte Noven sind Tatsachen, die erst nach dem erstinstanzlichen Einspracheentscheid entstanden sind, unechte Noven sind demgegenüber bereits vor dem erstinstanzlichen Entscheid entstanden. Das Bundesgericht hat in einem ausführlich begründeten Entscheid die verschiedenen Lehrmeinungen und die schwankende Praxis von verschiedenen kantonalen Gerichten beleuchtet (Ziffer 6.2-6.5). Im Anschluss daran folgt die Auslegung von Art. 278 Abs. 3 Satz 2 SchKG nach seinem Wortlaut und in systematischer, teleologischer und historischer Hinsicht (Ziffer 6.6). Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass zu den "neuen Tatsachen", die gemäss Art. 278 Abs. 3 Satz 2 SchKG vor der Rechtsmittelinstanz geltend gemacht werden können, gleichermassen echte und unechte Noven zählen, wobei mit den Letzteren diejenigen Tatsachen und Beweismittel gemeint sind, die bereits vor dem Einspracheentscheid bestanden haben (Ziffer 6.6.4).

Das Bundesgericht weist zudem darauf hin, dass unechte Noven nur berücksichtigt werden, wenn die Regeln von Art. 317 Abs. 1 ZPO (Noven im Berufungsverfahren!) eingehalten sind: Noven müssen a) ohne Verzug vorgebracht werden und sind b) nur zu berücksichtigen, wenn sie trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden können (Ziffer 6.6.4).

Zitiervorschlag:  Felix C. Meier-Dieterle, www.arrestpraxis.ch - update 115/26.4.2019