Anwendung ausländisches Recht (Abgrenzung zur Rechtsöffnung)
18. August 2021
Die Frage des anwendbaren Rechts im summarischen Verfahren, insbesondere im Arrest- und Rechtsöffnungsverfahren, beschäftigt die Gerichte häufig. Das Bundesgericht hat sich am 30. Juni 2021 in einem in Fünferbesetzung gefällten, aber nicht zur Publikation bestimmten Urteil 5A_248/2020 mit der Frage befasst, ob das Urteil des Obergerichtes Zürich willkürlich ist, weil es bei einem offensichtlich internationalen Sachverhalt, auf den das Recht von Panama anwendbar sei, für die Vertragsauslegung auf schweizerisches Recht abgestellt habe.
Grundlage der Kontroverse ist Art.16 IPRG, wonach der Inhalt des anzuwendenden ausländischen Rechts von Amtes wegen festzustellen ist und dazu die Mitwirkung der Parteien verlangt werden kann. Bei vermögensrechtlichen Ansprüchen kann der Nachweis den Parteien überbunden werden (Abs. 1). Ist der Inhalt des anzuwendenden ausländischen Rechts nicht feststellbar, so ist schweizerisches Recht anzuwenden (Abs. 2).
Das Bundesgericht hat vorab die Lehrmeinungen zusammengefasst und festgestellt, dass diese geteilt sind. Damit verfiel die Vorinstanz grundsätzlich nicht in Willkür, wenn sie sich nicht einer der beiden Gruppen von Lehrmeinungen angeschlossen hat (Ziffer 3.4).
Weiter führt das Bundesgericht aus, dass die Rechtsprechung zu dieser Thematik im (summarischen) Rechtsöffnungsverfahren (BGE 140 III 456 E. 2.3 und 2.4 = Pra 2015 Nr. 36; BGE 145 III 213 E. 6.1.3) nicht per se auf Arrestverfahren übertragen werden könne: Bezüglich der Dringlichkeit (sowie Schutzbedürfnisse der Parteien) sind die Verhältnisse beim Arrest mit jenen bei der Rechtsöffnung nur beschränkt vergleichbar (Ziffer 3.4.2). Das Bundesgericht stellt am Schluss fest: Es erscheint (nach wie vor) haltbar, wenn das Obergericht (wie die Erstinstanz) das Arrestverfahren - mit Blick auf die besondere Dringlichkeit (vgl. Urteil 5A_60/2013 vom 27. Mai 2013 E. 3.2.1.2) - vom Rechtsöffnungsverfahren abgegrenzt und dem Arrestrichter den Verzicht auf die Feststellung ausländischen Rechts und die direkte Anwendbarkeit des schweizerischen Ersatzrechts erlaubt hat.
Dieser Entscheid zeigt exemplarisch die Auswirkungen von Art. 98 BGG. Mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Der Arrest ist eine vorsorgliche Massnahme, was die Rügemöglichkeiten vor Bundesgericht massiv einschränkt. Damit müssen die Parteien unter dem Willkürgesichtspunkt damit leben, dass das Arrestgericht ein Arrestbegehren abweist, weil das ausländische Recht nicht dargetan wurde, oder das Arrestgericht ersatzweise Schweizer Recht anwendet.
Für den Arrestgläubiger stellt sich damit die Frage, ob er das ausländische Recht summarisch darlegen, was regelmässig mit grossem Aufwand und Kosten verbunden ist, oder ob er (stillschweigend) Schweizer Recht anrufen soll. Im vorliegenden Fall haben sich beide Parteien und die Erstinstanz im Arresteinspracheverfahren auf Schweizer Recht gestützt. Die Schuldnerin hat vor Obergericht erstmals beanstandet, dass Ausführungen zum Recht von Panama fehlen. Das Obergericht hat diesen Einwand verworfen und weiterhin (wie die Vorinstanz) auf Schweizer Recht abgestellt.
Das Bundesgericht hat nicht thematisiert, ob es einen Unterschied macht, ob ausländisches Recht z.B. für die Frage der Fälligkeit einer Darlehensforderung (was regelmässig einfacher machbar ist), oder ausländisches Recht z.B. für die Frage eines Durchgriffes (was schwieriger) dargelegt werden muss.
Der Entscheid 5A_248/2020 kann hier abgerufen werden.
Zitiervorschlag: Felix C. Meier-Dieterle, www.arrestpraxis.ch - update 128/18.08.2021